Eine Reportage des Effner-Welt-Teams
Plötzlich sind die Gänge im Schulhaus von diffusen Gesprächen belebt, aus der Mensa duftet es nach Kaffee und Gebäck und die erste Dreiviertel-acht-Lehrer-Schlange am Kopierer markiert den Beginn einer neuen altbekannten Zeit. Was sich ein bisschen wie der Start eines Schuljahres nach den Sommerferien anfühlt, war die Rückkehr in den Präsenzunterricht am 15.3.21. Nur dass diesmal vor dem Unterrichtsbeginn keine sechs entspannten Wochen des fröhlichen Nichtstuns lagen. Wie es der Schulfamilie in den letzten Wochen und vor allem mit dem außergewöhnlichen Neubeginn ging, haben wir für euch in verschiedenen Gesprächen recherchiert. Dabei haben wir auch auf die manchmal unsichtbaren „Rädchen“ im Schulgetriebe geschaut, die auch während der Schulschließung sämtliche Vorgänge am Laufen gehalten haben.
So berichtet unser Hausmeisterteam Reporterin Isabella, dass eine leere Schule auch Vorteile für ihre Arbeit brächte: „Wir konnten viele Arbeiten und Reparaturen erledigen. Vor allem entspannter, weil das Schulhaus leer ist. Das hätten wir sonst am Wochenende machen müssen.“ Die herausfordernde Situation zurück im Präsenzunterricht sei manchmal stressig, da zu den zusätzlichen Arbeiten die ständige Kontrolle und Korrektur von Abständen zwischen den Sitzplätzen in den Klassenzimmern hinzukäme. Herrmann Matzke freue sich trotzdem über die Rückkehr zum Präsenzunterricht: „Ich bin echt froh, weil der Alltag ja doch öde ist, es fehlt einfach etwas im Schulhaus ohne die ganzen Menschen, die sozialen Kontakte, die SchülerInnen, mit denen man witzeln und quatschen kann.“
Eine nicht zu verachtende Rolle in jedem Schulbetrieb spielt das Sekretariat. Im Gespräch mit Frau Tausch und Frau Lorenz wird klar: In Lockdown-Zeiten ändert sich auch da so manches. Die Damen in der Verwaltung waren während der Schulschließung teils im Schichtbetrieb tätig oder mussten wie Frau Niemann als Springerinnen flexibel ungewohnten Tätigkeiten nachgehen. Auch völlig neue Aufgabengebiete wie die Umstrukturierung des Archivs wurden übernommen – eine Tätigkeit, für die sonst wenig Zeit bleibt. Aber auch sämtliche Anfragen verunsicherter Eltern zu Kultusministeriellen Schreiben, Inzidenzen, Quarantäne, schulischen Abläufen usw. gingen und gehen zuerst an vorderster Front im Sekretariat ein und sorgen dort für viel Arbeit. Die Rückkehr der Klassen empfanden die Sekretärinnen trotz dieser Flut an Anfragen und der erneuten Umstellung ihrer Aufgaben als Bereicherung: „Das tägliche Hallo ist schön. Die Kinder sind immer noch sehr freundlich und gut gelaunt“, freut sich Frau Lorenz.
Auch unsere Damen aus der Mensa sind erleichtert, dass die Schule wieder halbwegs „normal“ läuft, konnte Lisa in Erfahrung bringen. Sie waren, das ist sicher vielen von uns gar nicht bewusst gewesen, in der Zeit der Schulschließung mehr oder weniger „arbeitslos“ und freuten sich demnach sehr darüber, ihrem Arbeitsalltag überhaupt wieder nachgehen zu dürfen. Das besondere Anliegen der Mensamitarbeiterinnen ist auch jetzt wieder: den Gästen ein bisschen Erholung vom Schulalltag im Cafeteria-Bereich zu bieten, sie selbst erfreuen sich täglich an ihrem hellen, freundlichen Arbeitsplatz mit Blick ins Grüne.
„Man fragt sich oft: Was machen die da eigentlich den ganzen Tag in ihrem Büro?“, so lautete Frau Roedenbeck-Buschs selbstironisches Statement im Gespräch mit der Schulleitung. Wie viel „die da“ eigentlich machen, wurde im Interview klar. Insbesondere für Direktorat und erweiterte Schulleitung erweckt die Corona-Pandemie den Anschein einer anhaltenden Reaktions- und Flexibilitätsprüfung. Aufgrund von Lehrer-Langzeitausfällen müssen umfangreiche Personalakquisen betrieben werden. Frau Roedenbeck-Busch konnte dabei trotz Lehrermangels Teamlehrkräfte zur Entlastung des Kollegiums gewinnen. „Eine Aufgabe, von der man im Kollegium selten viel merkt.“ Viele Stunden vergingen zudem in aufwändigen Planungs- und Organisationsaufgaben, auch die neuerdings besonders wichtige Zusammenarbeit mit dem örtlichen Gesundheitsamt bedeutet ständige Verfügbarkeit für unsere Schulleitung und damit Schichtdienst am Wochenende und den Ferien. Ob der Beruf denn immer noch Spaß mache? „Ja, vor allem das Unterrichten, der direkte Kontakt zu den Schülern und das Gefühl, etwas Gutes für die Kollegen zu erreichen“, erklärt unsere stellvertretende Schulleiterin, „auch wenn das Privatleben dann manchmal Pause hat.“ Den Schulstart in der derzeitigen Form sieht sie mit Bedenken. Ihr Wunsch wäre es gewesen, erst nach der Klärung wichtiger Fragen zurück in den Präsenzunterricht zu kehren – trotz allem freue auch sie sich sehr, ihre SchülerInnen wiederzusehen.
Doch wie steht es eigentlich mit den sonst ständig sichtbaren, für viele Monate hinter ihren Bildschirmen verschwundenen Rädern im Schulbetrieb, den Lehrkräften?
Frau Ache, die Leiterin unserer GTS, berichtete zum Beispiel von den Schwierigkeiten im „Homeoffice“, die wohl viele Arbeitnehmer zu bewältigen hatten. „Ich habe, wie viele andere Lehrer auch, meine Familie mit unter einen Hut bringen müssen, das war schon eine Herausforderung.“ Außerdem sei es nötig gewesen, sich technisch weiterzuentwickeln, das Gros der KollegInnen hätte diesbezüglich selbst in den letzten Monaten sehr viel dazugelernt. Frau Haug erklärt: „Es ist viel Arbeit, weil es eben eine andere Art von Arbeit ist“ und lobt, wie engagiert und organisiert doch viele SchülerInnen in den letzten Wochen mitgearbeitet hätten. Frau Kaff, Mitglied der Schulleitung, ergänzt, dass der Distanzunterricht in der Oberstufe sehr gut funktioniert habe, in der Mittel- und Unterstufe seien gelegentlich Probleme aufgetaucht. Viele KollegInnen sorgen sich jedoch um die SchülerInnen, die durch die Pandemie diverse Nachteile in Kauf nehmen müssten. Auch wenn sich nicht alle KollegInnen sicher sind, ob die Fortführung des konsequenten Distanzunterrichts nicht vorerst die bessere Lösung gewesen wäre – in einem Punkt sind sich die Befragten mit allen anderen Mitgliedern der Schulfamilie einig: Der schönste Effekt am Wiederankommen war der persönliche Kontakt zu den Schülern. „Live-Unterricht lebt ja von der Präsenz der Schüler“, erklärt Herr Marx. Und dazu gehört Augenkontakt, aber auch die Möglichkeit, handlungsorientiert zu unterrichten, anstatt allein vor einem Bildschirm am Schreibtisch zu sitzen. Die meisten der KollegInnen hätten diesen Beruf ergriffen, weil „man eben keinen klassischen Bürojob machen wolle“, gibt Herr Altmann zu bedenken – auch wenn es schön ist, bei einer Kaffeepause Familie um sich zu haben. Frau Haug bestätigt: „Ich bin Lehrerin geworden, um mit Kindern und Jugendlichen zusammenzuarbeiten.“ Daher fände sie es auch bereichernd, jetzt vor kleinen Gruppen zu unterrichten, weil man so mehr Zeit für den Einzelnen hätte und Probleme und Fragen besser klären könne.
Zu guter Letzt interessierte uns vom Effner-Welt-Team natürlich, wie ihr als SchülerInnen und somit als Kernbestandteil der Schulfamilie, die Rückkehr und die letzten Wochen betrachtet: Während die meisten sich darüber freuen, Freunde wiederzusehen, echte Diskussionen im Unterricht führen zu können und direkte Erklärungen zu erhalten, stellt die Situation auch eine erneute Umstellung dar. Mira Jocham aus der Q11 erklärt, was zahlreiche Ober-, aber auch einzelne Mittel- und Unterstufenschüler bestätigen: Der Distanzunterricht hatte sich eigentlich gut eingespielt, man konnte eigenverantwortlich im eigenen Rhythmus arbeiten, vieles war ruhiger und konzentrierter. Jetzt muss man sich wieder umstellen und an den neuen oder besser alten Takt gewöhnen. Das bedeutet für viele SchülerInnen wie Lukas Patzelt aus der Q11 früh, ja zu früh aufstehen (und seien wir ehrlich – auch Erwachsene stehen nicht zwangsläufig gerne um 6 Uhr auf). Die Zeit zuhause war aber nicht für alle gleich motivierend und häufig von Frust durch technische Herausforderungen begleitet – nicht alle Familien verfügen etwa über stabile WLAN-Verbindungen, die zwei Homeoffice-Eltern und schulpflichtige Kinder verkraften. Auch eine andere Sorge, die primär die Oberstufe betrifft, kam hinzu: Wie gestaltet sich ein Abitur in Corona-Zeiten und für den folgenden Jahrgang? Wird es faire Prüfungsbedingungen geben? Ganz anders und daher herausfordernd war die Situation auch für die SchülerInnen unserer GTS, die es sonst gewöhnt sind, acht Stunden täglich unterhalten von Klassenkameraden, Neigungsgruppenleitern, Betreuern der AWO und Lehrkräften in der Schule zu verbringen. Sie beklagten ohne Hobbys und Sozialkontakte die Eintönigkeit und Einsamkeit der letzten Wochen. So sind sich auch hier fast alle SchülerInnen einig: für das Sozialleben war die Schulöffnung ein wichtiger Schritt, sie hat neuen Schwung, Hoffnung und Antrieb in die monotone Maschinerie der letzten Wochen gebracht. Darum möchten wir unsere Reportage auch mit einem Zitat von Constantin Kernbichl aus der Q11 beenden, der zum Schmunzeln bringt und zeigt, wie wichtig Schule als Präsenzinstitution ist: „Diese erste Woche hat sogar fast Spaß gemacht!“
Interviews und Recherche: Greta, Isolde, Aurelia, Isabella, Lisa
Text: J. Beurer