Rote Karte für den Schulsport

Gesundheit führt nicht durch die Apotheke, sondern auch durch die Sporthalle – ein Zitat, das man in Corona-Zeiten gerne auch in den Schulen beherzigt hätte.

Die folgende Geschichte erzählt von den Problemen, mit welchen vor allem die Sportlehrer:innen unseres Gymnasiums im Schuljahr 2020/21 konfrontiert wurden. Dabei standen natürlich Corona und die damit einhergehenden Planungsschwierigkeiten, aber auch ein ganz anderes, unvorhersehbares Ereignis im Mittelpunkt. Lisa Heger aus der Q11 erzählt auf Basis eigener Recherchen das Schuljahr aus Sicht eines fiktiven Sportlehrers nach, der sich direkt mit den Konflikten auseinandersetzen muss. Viel Spaß beim Lesen!

Endlich waren die Zahlen gesunken. Wenn ich von Zahlen spreche, dann meine ich damit natürlich die Inzidenzzahlen des Coronavirus. Covid-19 hatte in der zweiten Hälfte des letzten Schuljahres sowohl uns Lehrer:innen als auch den Schüler:innen schwer zu schaffen gemacht. Leider war auch der Sportunterricht größtenteils eingestellt worden, was ich sehr schade fand, da ich es immer als äußerst wichtig und bereichernd empfunden hatte, mit den Schüler:innen im direkten Kontakt zu stehen. Aber gut, es ist ja auch vernünftig so! Gesundheit geht nun mal vor und das leuchtet mir natürlich ein. Umso erleichterter war ich, dass sich nach den Sommerferien 2020 alles wieder zum Guten zu entwickeln schien. Es sah so aus, als könnte es wieder eine „Normalität“ geben. Aber wie schnell sich die Dinge doch ändern konnten…

Angespannt verfolgte ich ab Mitte September beinahe jeden Tag die Inzidenzwerte. Leider stiegen und stiegen diese immer weiter an, je mehr es in Richtung Herbstferien ging. Bald schon war die 50, die damals offizielle rote Linie, in Sicht. Die Verzweiflung machte sich langsam, genau wie bei allen anderen Lehrer:innen, auch bei mir breit. Werden wir wieder in den Distanzunterricht gehen? Musste der Sportunterricht, welcher den Kindern oft als so wichtiger Ausgleich zu den Lernfächern diente, wieder abgesagt werden? Wie stand es mit der Maskenpflicht in meinem Fach? Meine Hoffnung, die Kurve noch rechtzeitig zu kriegen, schwand von Tag zu Tag. Vor allem die Oberstufenkurse waren von der Situation stark betroffen: Es fehlten noch so viele Noten vor dem Abitur! Wie sollte ich das nur lösen?

Im Sport zählt und hilft oft vor allem eines – Teamgeist. Und so diskutierte man nicht selten hitzig und stets geleitet vom Regelwerk aktueller Beschränkungen und kultusministerieller Schreiben neben vielen anderen Themen unter anderem die Gretchenfrage: Wie beschäftigt man 30 Kinder im Sportunterricht effektiv und als Team, ohne den Mindestabstand zu unterschreiten? Schnell mussten wir feststellen, dass wir trotz Teamgeist auf viele Fragen keine zufriedenstellenden Antworten finden konnten und dass das erarbeitete Hygienekonzept von heute morgen bereits keinen Bestand mehr haben wird. So blieb nur eins: Abwarten und versuchen am Ball zu bleiben. Das war mit Abstand das Schlimmste – zu warten und nicht zu wissen, was kommt.

Und dann war die rote Linie endgültig überschritten, es folgte die zu erwartende, schlechte Nachricht: Mitte Dezember – Distanzunterricht, für alle! Bewegung, eingefroren, Stillstand – von 100 auf 0.

Die ganze Arbeit, die ich in meine Planungen für die unterschiedlichen Sportklassen gesteckt hatte, war wie weggeblasen. Meine einzige Hoffnung war, dass die Schüler:innen nicht mehrere Monate daheimbleiben und stillsitzen mussten. Das wäre auch für mich sehr schwierig, denn der Kontakt fehlte mir jetzt schon. Doch ich hatte eine dunkle Vorahnung. Täglich stiegen die Zahlen weiter an, alle Orte, an denen sich Menschen ansammeln konnten, wurden nach und nach geschlossen. Und mein Unterricht? Ein Schreibtisch anstelle der Halle, Microsoft Teams oder BBB statt realer Teams, Sitzen wurde der neue Sport. Die Arbeit in diesen Monaten war für mich wirklich unbefriedigend, da ich kaum Rückmeldung von den Schüler:innen bekam. Aber wir versuchten, nicht zu verzweifeln und entwickelten einen Plan: Damit sich die Kursteilnehmer:innen daheim zumindest ein kleines bisschen sportlich betätigten, erstellten wir eine wöchentliche, freiwillige Sport-Challenge, in welcher unterschiedlichste Kraft- und Ausdauerübungen trainiert werden sollten. Auch das stellte sich nicht immer als unproblematisch heraus, denn es gab im heimischen Elternhaus nur selten genug Bewegungsraum und die wenigsten Elternteile verfügen schließlich über Sportlehrerqualifikationen, um mit ihren Kindern aufwändigere sportliche Übungen abzuhalten.

Ende Februar ertönte dann endlich das seit Wochen ersehnte Startsignal: Die Schulen wurden Schritt für Schritt wieder geöffnet, langsam trabte auch der Sportgeist in mir wieder an. Zunächst kamen nur die Abschlussklassen und das ganze Lehrerkollegium überlegte sich einen neuen Schlachtplan. Die 12te Klasse hatte definitiv Vorrang, verbliebene Noten sollten nachgeholt werden. Zwar blieb die Maskenpflicht auch im Sportunterricht bestehen, das nahm man jedoch unter den Umständen gerne in Kauf. Endlich ging es bergauf!

Und dann: der nächste, umso härtere Abpfiff. Die Sporthalle stand unter Wasser! Da sah ich sie, unsere kleine „Normalität“ im Sportunterricht, wie sie einfach so versank: Es konnte erneut kein Unterricht mehr stattfinden, Ausweichmöglichkeiten gab es nur bedingt, ein Rohrbruch hatte vieles nun endgültig und für längere Zeit zum Erliegen gebracht…

Wenn ich aus jetziger Sicht auf die Situation zurückblicke, frage ich mich natürlich schon, wie viel Pech eine Fachschaft haben kann. Neben den Hygieneschutzbestimmungen gibt es für uns nun auch noch die Raumproblematik. Heißt: Zusätzlich zur beschränkten Spielmöglichkeit fallen nun auch noch zahlreiche Sportgeräte weg. Wieder heißt es für uns kreativ sein, Ausweichräume finden, immer seltener werdende Alternativen suchen, auf das heuer rare, gute Wetter hoffen, um draußen Stunden abhalten zu können. Mal ehrlich – der diesjährige Sportunterricht glich und gleicht eher einem Wettkampf gegen widrige Umstände. Jedoch habe ich auch erkannt, wie wichtig die Gesundheit abseits vom Sport ist und dass man immer das Beste aus jeder Situation machen muss. Im Sport heißt es immer: „Niemals aufgeben!“ oder in Dirk Nowitzkis Worten: „Wenn du alles gibst, kannst du dir nichts vorwerfen!“

Ein Beitrag von Lisa Heger, Q11, und J. Beurer aus der Effner-Welt


Zuletzt überarbeitet am 24.07.2021